Norm-Architektur. Von Durand zu BIM

Konferenz im DAM, Frankfurt am Main. Mit Philipp Oswalt und Kilian Enders.

Mit der Aufklärung setzten Vereinheitlichungen und Normierung in Archi- tektur und im Bauwesen ein, um die Bauproduktion zu beschleunigen, zu verbilligen und Qualitätsstandards zu sichern. Die klassische Avantgarde des 20. Jahrhunderts sah Normierung und Standardisierung als Motoren sozialen und technischen Fortschritts. Auch wenn Konzepte für formge- bende, gestaltbestimmende Normen, wie etwa von Ernst Neufert propa- giert, sich weitgehend nicht durchsetzen konnten, gibt es heute mehr Normen als je zuvor. Trotz aller Appellen an kulturelle Spezi zität prägen Normen Prozesse und Produkte auf der ganzen Welt durch Formalisie- rung von materiellen und kognitiven Prozessen. Mit der Einführung von BIM (Building Information Modelling) erfahren diese Verfahren eine zu- nehmende Relevanz. Das Symposium fokussiert folgende Themenfelder

Normiert Entwerfen

In der Moderne kommen Verfahren auf, den Entwurfsprozess zu rationa- lisieren, zu systematisieren und zu beschleunigen. Es sollen mehr Ge- bäude schneller entworfen werden, es sollen qualitätsvolle Entwürfe von Leuten mit einfacher Grundausbildung entworfen werden können und es sollen in weitreichenden Hoheitsgebieten Gebäude gleichen Standards realisiert werden. Um dies zu ermöglichen, werden Entwurfshilfsmit- tel konzipiert, die Entwurfswissen für eine große Zahl von Entwerfern schnell verfügbar und direkt anwendbar machen. Heute entwickeln sich Building Information Modelling-Systeme (BIM) zu Expertensystemen, die mehr als je zuvor mit vorgefertigten Informationen die Planungsprozesse strukturieren.

Normiert Bauen: Normierte Bauteile

Nicht zuletzt imaginierte Ernst Neufert die Normung der Architektur vom Kleinen ins Große. Das Vorbild des Erfolgs des kurz zuvor eingeführten Papierformats vor Augen zielte er auf eine durchgehende Maßkoordi- nation und Normierung im Bauwesen, zunächst aufbauend auf dem Oktaedermaß des Mauerwerkbaus. In Systembauten der 1970er Jahre erreichte dieses Denken seinen letzten Höhepunkt, bei dem die Idee der Norm formbestimmend wurde, dem heute ein Pragmatismus gewichen ist. Heute gibt es zwar – national wie international – so viele Baunormen wie nie zuvor, aber deren Festlegungen im Kleinen beein ussen Form und Gestalt von Bauwerken kaum, abgesehen von einigen – durchaus relevanten – Sonderbereichen. Zu diesen zählen insbesondere Bauteile mit hoher technischer Ausstattung (Küche, Büro) wie temporäre, schnell zu errichtende Bauten (Container, Gewerbebauten). Die Normung der Bauelemente erlaubt Kosten- und Zeitersparnis bei der Erstellung, Prüf- barkeit und Austauschbarkeit.

Normiert Bauen: Normierte Bauprozesse

Während in vormodernen Gesellschaften das Produktionswissen des Handwerks bei den Produzenten lag, hat sich das Wissen mehr und mehr in die Produkte und Regeln verlagert. Die Normierung ermöglicht hierbei, dass Produkte verschiedener Hersteller bzw. Provenienz in ein Gesamt- system von gesicherter Qualität zusammengefügt werden können und dass – z.T. gesetzlich vorgeschriebene – Mindeststandards und Qualitäten bei Produkten verschiedener Hersteller gesichert sind (Qualitätskontrolle und Management). Nicht zuletzt bei der Globalisierung der Bauteilpro- duktion ist dies relevant. Gleichzeitig dient die Produktionsweise von Gebäuden durch weniger ausgebildete Arbeitskräfte vor allem auch der Kosteneinsparung analog zur Massenproduktion durch Arbeiter und Maschinen. Wie beim normierten Entwerfen geht es beim normierten Pro- duzieren darum, gefundene Lösung in großer Breite durchzusetzen und dabei einen Qualitätsstandard abzusichern. Zugleich behindert dieses System Abweichungen nach oben, qualitativ bessere und neue Lösungen zu nden, welche nicht der Norm entsprechen.

vor 7 Jahren

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